Anais RAZAVI (5O) ist WELTMEISTERIN!

Wie lebt eine 15-jährige Thaibox-Weltmeisterin?

Das WBC, einer der vier großen Dachverbände des Profiboxens, hat 2005 damit begonnen, seine eigenen Muay Thai-Weltmeister in 19 verschiedenen Gewichtsklassen zu zertifizieren. Anais Razavi ist 15 Jahre alt und Thaibox-Weltmeisterin

Beim ersten WBC Muay Thai Festival für Amateure in 2023 in Venedig ist die damals 14-jährige Anais Razavi Weltmeisterin in ihrer Klasse (U14 B) geworden. Anais geht in Wien ins Gymnasium und Natalie Brunner hat sie zum Interview getroffen.

Natalie Brunner: Seit wann machst du diesen Sport? Und was hat dich daran so fasziniert? Was hat dir so gefallen, dass du beschlossen hast, ihm so viel deiner Zeit zu widmen?

Anais Razavi: Seit fast acht Jahren jetzt. Ich war schon immer ein sehr wildes Kind und es hat damit angefangen, dass mein Papa mit Thaiboxen begonnen hat. Er hat mich dann mitgenommen und es hat mir sehr viel Spaß gemacht.

Wie bist du zu deinem WM-Titel gekommen und was bedeutet überhaupt der Weltmeisterinnentitel in deiner Klasse?

Ich bin WBC-Amateurweltmeisterin. Der WBC ist ein Boxverband, einer der bekanntesten. Es hat damit begonnen, dass ich in die Auswahl des Nationalteams gekommen bin. Dann war ich im Nationalteam, wir sind nach Venedig zur Weltmeisterschaft geflogen, und dort habe ich gewonnen.

Weltmeisterin – das klingt sehr groß. Wie kriegst du das alles unter einen Hut mit Schule und Training? Ist es für dich schon so etwas wie ein Beruf?

Es nimmt schon sehr viel Zeit in Anspruch. Ich habe nicht viel Freizeit, und in den letzten Jahren war die Schule ziemlich schwer für mich, weil ich viel gefehlt habe. Aber jetzt bin ich in einer Schule, in der mein Stundenplan auf das Training abgestimmt ist, und das funktioniert gut.

Was macht man als WBC-Amateurweltmeisterin, außer zu kämpfen?

Man trainiert sehr viel. Es geht auch viel um mentale Stärke. Wenn man mental nicht stark ist, kann man das nicht machen. Man muss stark genug sein, um zu akzeptieren, wenn man verliert oder nicht besser ist als jemand.

Wie oft trittst du bei Kämpfen an, und wie ist es für dich, bei Turnieren zu kämpfen?

Ich trete etwa dreimal im Jahr bei Turnieren an. Es ist stressig, weil man viel warten muss, und das macht einen mit der Zeit nervöser. Deshalb ist die mentale Stärke so wichtig.

Reist du viel für Turniere, fliegst du oft herum?

Noch nicht so viel. Die Weltmeisterschaft in Venedig war das erste Turnier, bei dem ich geflogen bin. Sonst fahre ich oft sieben, acht Stunden mit dem Auto.

Hast du Sponsorenverträge oder Verpflichtungen durch Sponsoring?

Ich persönlich habe noch keinen Sponsor, weil ich noch nicht so international bekannt bin. Aber das Nationalteam hat Sponsoren, und wir haben zum Beispiel T-Shirts mit den Logos der Sponsoren.

Anais Razavi

Anais Razavi

Was sind die Probleme, wenn man den Sport professionell machen will?

Mein Traum ist es natürlich, den Sport professionell zu machen. Aber das Problem ist, dass es vor allem in meinem Alter und in Österreich sehr wenige Mädchen gibt, die sich trauen, zu kämpfen. Es ist ein sehr männerdominierter Sport, und es ist schwer für Frauen, groß rauszukommen.

Trainierst du auch mit männlichen Kollegen?

Ja, ich habe hauptsächlich männliche Kollegen. Es gibt auch ein paar Freundinnen im Training, sie nehmen es nur nicht so ernst wie ich.

Was gibt dir der Sport? Was ist der „Kick“, so viel Zeit deines Lebens in das Thaiboxen zu investieren?

Es macht mir Spaß, sonst würde ich es nicht machen. Es ist wie eine Art Therapie für mich, und ich mache es wirklich mit Herz.

Ist es manchmal eine Überwindung, in den Ring zu steigen? Hast du Angst, verletzt zu werden? Welche Sicherheitsvorkehrungen gibt es?

Kämpfen kann man nicht, wenn man Angst hat eine draufzukriegen. Aber ich habe vor jedem Kampf Angst. Das Schöne daran ist, dass man sich überwinden muss. Es ist egal, ob man gewinnt oder nicht – der Weg ist das Ziel. Bei den meisten Turnieren haben wir einen Helm, Ellbogenschützer, Knieschutz, Schienbeinschoner, und bei manchen Turnieren auch einen Oberkörperschutz. Aber Helm und Mundschutz sind immer Pflicht.

Wie sind deine Trainingskollegen?

Die meisten sind sehr respektvoll und kennen mich seit Jahren. Es gibt aber vereinzelt Fälle, in denen mir jemand gesagt hat: „Ich trainiere nicht mit Weibern.“ Aber das kommt selten vor.

Was würdest du dir wünschen?

Ich wünsche mir, dass sich mehr Mädchen trauen, diesen Sport auszuprobieren. Es ist nicht für jeden, aber probieren schadet nicht.

Überlegst du manchmal, wenn dir jemand auf die Nerven geht, wie leicht du diese Person aushebeln könntest?

Ja, schon manchmal. Aber ich würde es nicht machen. Ich würde nur zurückschlagen, nie als Erste.